„Je suis Yoav“, ist der Satz, mit dem sich Tunesier mit der Familie Hattab und Frankreich solidarisierten. Angelehnt an den Slogan „Je suis Charlie“, der nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ international für demokratische Werte stand. Und als Geste für die Opfer galt. Als Frankreichs Trauma, sogar als Europas 11. September beschrieben Kommentatoren den Angriff in Paris. 17 Menschen verloren dabei ihr Leben, darunter die vier Opfer, die zwei Tage nach dem Anschlag auf die Redaktionsräume in dem Supermarkt Hypercacher starben. Hattabs Schmerz hat sich um seine Stimmbänder gelegt. „Yoav war ein zuvorkommender, netter Mann“, sagt er heiser, den Schlüsselbund in der Hand, als könnte er ihn jederzeit als Grund anführen, um schnell weg zu müssen. Der Großrabbiner Hattab, ein kleiner Mann mit gekräuseltem Vollbart, ist Leiter der jüdischen Schule im Zentrum von Tunis. Für das Gespräch über seinen Sohn steigt er zügig die Treppen in den zweiten Stock hinauf, vorbei an kleinen Klassenräumen, in denen Jugendliche an grünen Schulbänken lernen. Knapp 40 jüdische Schüler werden hier bis zum Abitur geführt. Auch Hattabs Kinder.
Hattab nimmt Platz in einem Raum, in dem Unterrichtsmaterialien lagern, abgegriffene Romane von Hemingway, Bücher über die jüdische Lehre. Hier, in diesem kleinen Raum spricht er über seinen Sohn, nicht in seinem Büro im Erdgeschoss. Hier ist er Vater, nicht Schulleiter. Yoav war der Zweitgeborene von neun Kindern. Der 21-Jährige ging wie viele junge Tunesier zum Studium ins Ausland. In Paris studierte er Marketing und Wirtschaft. An dem Freitag, an dem Yoav starb, war er bei Freunden zum Sabbat eingeladen, erzählt Hattab. Weil er eine Flasche Wein mitbringen wollte, sei er noch in den koscheren Supermarkt gegangen. Dort habe er versucht, dem Attentäter eine Waffe zu entreißen. Dabei wurde er erschossen.