Plastiktüten auf den Baumkronen, Flaschen an den Straßenrändern, Gift in den Flüssen: Tunesien wird seiner Abfälle nicht mehr Herr. Das Müllproblem zeigt, wie zerbrechlich die Demokratiebewegung ist, die gerade mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Das Land ist geprägt vom alten System.

Tunis – Morched Garbouj fährt ein Rennen gegen die Zeit und steckt fest. Vorgebeugt, fast auf dem Lenkrad liegend, sitzt er am Steuer, als könnte er so schneller die Mülldeponie erreichen. Er trommelt mit den Fingern gegen das schwarze Leder. „Fahrt schon, fahrt schon“, flüstert er. Doch es geht kaum voran. Die Fahrzeuge schieben sich langsam über die nasse Stadtautobahn. Über Stunden hat es vormittags geregnet. Viele Straßen stehen unter Wasser. Inzwischen hängen helle Wolken über Tunesiens Hauptstadt und Morched Garbouj weiß, wenn es jetzt nicht schnell geht, wird jemand Zeit haben, die Spuren zu vertuschen. Giftiges Wasser ist durch den Regen aus der Mülldeponie ausgetreten. Für Garbouj der Beleg dafür, dass Tunesiens Demokratie ein Leck hat.

Morched Garbouj, 47, ist 2012 von Kanada nach Tunesien gezogen. Der arabische Frühling hat ihn nach fast 30 Jahren zurückgeholt. Der Ingenieur arbeitet nun als Unternehmensberater und kämpft ehrenamtlich gegen Tunesiens Abfallberge. Dafür hat er eine Nicht-Regierungsorganisation (NGO) gegründet: SOS Biaa – ein Notruf für die Natur. Knapp 30 Ingenieure, Biologen und Anwälte engagieren sich hier. Sie messen, erheben Daten, wie katastrophal Tunesiens Mülldeponien für die Umwelt und die Gesundheit der Anwohner sind.

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